Von der Lernplattform zur Lernumgebung

Während in der Anfangszeit der Online-Seminare diese einfach mit einzelnen Software-Tools realisiert wurden, ist es heute Standard, dass Online-Seminare mit Hilfe einer Lernplattform umgesetzt werden. Dabei kommt es nicht selten zu Streitigkeiten über die „bessere“ Lernplattform. Teilweise ideologisch geführte Auseinandersetzungen bezüglich einzelner Systeme oder zwischen Open-Source und kommerziellen Lernplattformen bestimmen den E-Learning-Alltag. Einige sind sogar erstaunt, dass es neben Moodle noch weitere Lernplattformen gibt. Diesem Thema werde ich aber mal einen gesonderten Beitrag widmen ;-). Im Moment geht es mir mehr darum hervorzuheben, dass der Einsatz einer Lernplattform alleine noch nicht viel über das dahinterliegende E-Learning-Angebot aussagt. Um wirklich ein sinnvolles E-Learning-Szenario z.B. ein Online-Seminar zu gestalten, muss die Lernplattform (im Sinne der Software) in eine didaktisch aufbereitete „Lernumgebung“ verwandelt werden. Das bedeutet einzelne Werkzeuge müssen gezielt ausgewählt, mit einem Ziel bzw. didaktischen Sinn verbunden und aufbereitet werden. Es müssen zusätzlich weitere Elemente wie Textdateien, Grafiken u.ä. erstellt werden. Es sollte ein einheitliches Layout mit einfacher Navigation erstellt werden usw. Es reicht auf keinen Fall aus, einfach eine Auswahl oder noch schlechter einfach alle Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Im Gegenteil, Aufgabe des Lehrenden ist es, bewusst und gezielt genau die Elemente und Tools auszuwählen und sinnvoll zu arrangieren, die dem jeweiligen Lehr-/Lernkonzept und den situativen Rahmenbedingungen entsprechen. Dabei sollte grundsätzlich nach der KISS-Formel gearbeitet werden: Keep it simple and stupid.

E-Learning und Pauschalisierung

Eine Schwierigkeit auf die man im E-Learning immer wieder trifft, ist ein eingeschränkter Blick auf das Feld des E-Learning. Unter E-Learning wird in der Regel das verstanden, was man selbst schon erlebt hat oder worüber man bereits ein Buch gelesen hat.  So wird E-Learning je nachdem wen man fragt mit  selbstgesteuerten Lernen, mit Multimedia, Podcasts oder der Übertragung von Vorlesungen gleichgesetzt. Jeder dieser Punkte stellt aber nur einen Ausschnitt von E-Learning da. Somit gelten die üblicherweise genannten Vor- oder Nachteile von E-Learning nicht pauschal, sondern müssen differenzierter betrachtet werden. Das Problem verschärft sich noch einmal durch den akuellen Web 2.0 und E-Learning 2.0 Hype. Hier wird suggeriert, dass alles bisher da gewesene nicht „gut“ oder überholt ist und jeder der qualitativ hochwertiges E-Learning umsetzen will sich nun umbedingt der Web 2.0 Technologien bedienen müsse. Gabi Reinmann hat bereits in mehreren Kontexten auf die Probleme und nur eingeschränkte Neuheit im Kontext von E-Learning 2.0 hingewiesen. Die Grundideen, die uns als „neu“ verkauft werden sind es definitiv nicht.

„Web 2.0 als begriffliche Klammer für die technikinduzierte Renaissance einer Bildungsidee“ (Reinmann, 2006)

Gerade für Bildungsverantwortliche, die E-Learning einsetzen oder einsetzen wollen ist es also unverzichtbar sich zunächst einmal einen breiten Überblick über die wirklich vielfältig vorhandenen Möglichkeiten zu verschaffen und nicht auf die aktuellen Stichwörter rund um 2.0 hereinzufallen. Einen guten Überblick und eine sinnvolle Systematik zum Thema E-Learning ohne Fokus auf E-Learning 2.0 findet man in der Buchserie „Online-Pädagogik“ von Egon Bloh und Burkhard Lehmann.